Schmuck

Vom 19. bis zum beginnenden 20. Jahrhundert wurde Schmuck in allen Handels- und Handwerkszentren Karakalpakstans hergestellt. Jedes größere Dorf besaß seinen eigenen Schmuckhändler. Karakalpakische Juweliere verwendeten Silber, Gold, Bronze, roten Karneol und Türkise mit symbolischer Bedeutung, Korallen sowie die Krallen und Zähne von Raubvögeln und Tieren zu Dekorationszwecken.

Karakalpakische Schmuckwaren zeichneten sich durch ihre Größe und die Symmetrie ihrer Formen aus und besaßen eine ausdrucksstarke runde Kontur. Gold- und Silberschmiede stellten Schmuck vor allem für Amulette von Frauen und Kindern her. Männerprodukte umfassten Ringe, verschiedene Arten von Gürtelverzierungen und Schließen, Waffenteile und Reitausrüstung. Gleichzeitig wurde allen Schmuckstücken auch eine besondere Kraft als Glücksbringer und Schutzzeichen gegen böse Mächte zugesprochen.

Die in Karakalpakstan häufig verwendeten ornamentalen Formen stammen aus frühgeschichtlicher Zeit, vieles wurde von den Skythen übernommen. Sie zeigen stilisierte religiöse Symbole und Totemfiguren. Viele dieser Ornamente sind einzigartig und in keiner anderen Kultur bekannt, darunter Anhänger (Schar-Tujme), Anschik und Tempelamulette (Kiran), die beispielsweise die Szene eines „Adlerangriffs auf einen wilden Widder“ abbilden.

Darüber hinaus produzierten Handwerker auch zahlreiche große Brustanhänger für junge Mädchen: Dschumalak-Tujme (ausgehöhlte, eiförmige Schmuckstücke mit einem Riemenmuster, das „Schlangenpfad“ genannt wird); Baka-Tujme (stilisierte Froschfiguren); und Schar-Tujme (das Symbol der Sonne und des Feuers in Form eines Kreuzes). Einer mit kleinen Glöckchen besetzten Verzierung für Mädchengürtel, Ongirmonschak, wurde die Kraft zugeschrieben, unheilvolle Geister abzuwehren. Ihre Form ähnelte einer Kuppel, durch deren Grundplatte eine Kettenreihe mit Edelsteinen und klingelnden Kugeln, Gosa (Walnuss), gezogen war.

Junge Frauen trugen bis zu ihrer Hochzeit besondere Ohrringe (Silsineli-Sirga), die unter dem Kinn mit einer Kette aus diamantförmigen Anhängern verbunden waren. Diese Kette wurde während der Zeremonie zum Ankleiden der Braut abgenommen. Danach wurden die Ohrringe Sojau-Sirga (Stamm ohne Blätter) genannt.

Der riesige Brustschmuck der karakalpakischen Frauen (Khaikel) wies hornähnliche Kreuzblumen auf, die an nach oben gebogene Bullenhörner und nach unten gebogene Widderhörner erinnern sollten. Der Name Khaikel (Idol, Monument) stammt aus der Ahnenverehrung und dem Totemkult. Den Hörnern eines starken Bullen und fruchtbaren Widders (die Symbole des „Mondbullen“ und des „Sonnenschafes“) wurden beschützende Eigenschaften nachgesagt. Weitere karakalpakische Schmuckstücke zeigten das Bild einer Festungsmauer (ein Symbol für Schutz und Obdach) und einen blühenden Dreiblattbusch (ein Symbol für Umaj, die Schutzherrin von schwangeren Frauen und Kindern). Im Mittelpunkt des Schmuckstücks befand sich ein Schutzzeichen – ein hohles Gehäuse, in das früher eine Nadel (ein Mittel gegen die bösen Mächte) gelegt wurde. Nach der Übernahme des islamischen Glaubens wurde die Nadel gegen ein geschriebenes Gebet ausgetauscht. Khaikel wurde als Hauptzierde der weiblichen Mitgift angesehen. Die Braut trug es während ihres gesamten gebärfähigen Alters als Amulett.

Ein Geschmeide aus Bronze, Anschik (Mutter), war das Symbol einer antiken Fruchtbarkeitsgöttin. Es wurde der Braut als ein weiblicher Fruchtbarkeitstalisman vermacht. Die Verzierung stellte eine schematische weibliche Figur und ihren Mutterleib dar. Außerdem bildete Anschik frühgeschichtliche Totembilder ab – einander gegenüber gestellte Figuren von Vögeln, Schafen oder Wolfsköpfen. Sie gewährleisteten Tag und Nacht den Schutz der weiblichen Fruchtbarkeitskräfte. Diese Verzierung wahrt die altertümliche Idee von der Überlagerung zweier Welten – der Welt der Menschen und der Geisterwelt.

In früheren Zeiten trugen karakalpakische Frauen einen goldenen oder silbernen Nasenring, genannt Arebek. Turkmenen, usbekische Kumanen, Araber und andere Völker besaßen ähnliche Nasenringe.

Um ihre Arme trugen die Frauen dekorative Armbänder, darunter schwere gegossene Armreifen mit Reliefornamenten (Kujma Bilesik) und die massiven Khasil-Tasli-Bilesik, Armreifen mit zwei oder drei Reihen mit Karneol und „Schlangenpfad“-Mustern. Die Enden der Armreife ähnelten den Klauen oder Zähnen von Raubtieren.