Früher waren handgewebte Jurtenstoffe ein Teil der Brautmitgift. Von der Mutter angeleitet, konnte ein gewöhnliches karakalpakisches Mädchen etwa 6 bis 8 Jahre mit der Herstellung der Jurtenverzierungen verbringen. Die Palette der textilen Ausschmückungen spiegelte die Farben von Karakalpakstans Natur wider. Sie bestand aus ruhigen, gleichzeitig aber satten Ocker-, Rot- und Brauntönen, die durchsetzt waren mit Halbtönen aus Purpur, Gelb, Blau und Grün. Schwarz und Weiß besaßen eine besondere Bedeutung. Sie wurden für den Untergrund des Ornaments sowie für die Schablonen der verschiedenen Muster verwendet.
Eine Patchwork-Technik im Mosaikstil (Kurak), bei der die Idee von Abfallvermeidung (Israpsis) im Vordergrund steht, war in der karakalpakischen Kultur schon seit jeher bekannt. Sie wurde zur Dekoration von Tischtüchern, Reisetaschen, Hochzeitsbaldachinen, Decken, Kissen, Schwenktüren aus gewebten Matten, Babybekleidung und anderen Stoffen verwendet. Die Muster setzten sich aus Motiven der Sches-Schij (Jurtenmatte), Saut (Kettenhemd), Kalkan (Schild) und Tolkin (Welle) zusammen. Kurak-Muster besaßen die Bedeutung von Amuletten und drückten den Wunsch nach einer reichen Nachkommenschaft aus.
Beispiele für dekorative Filzprodukte sind verschiedene Arten von Bodenmatten, reich verzierte Filzmatten für den Eingangsbereich der Jurte, und Satteldecken. Filzmatten waren mit einer Vielzahl von Mustern bedeckt. Das Motiv einer „reisenden Welle“ in wechselnden Farben (dem Symbol von himmlischem Nass) kontrastierte mit ihrem Hintergrund. Dieses Muster ist einzigartig, da auch sein Hintergrund als ein Muster gelesen wird.
Ein Florteppich-Set umfasste Esik-kas (Türschabracke), Karschin (die Vorderseite eines Stoffüberzugs), Kerge (eine Geschirrtasche), Gilem (Teppich), Korschin (Satteltaschen) und Degde (Satteldecke). Ursprünglich wurde ein Esik-kas zur Dekoration an der Innenseite des Jurteneingangs angebracht und als ein bedeutender Talisman für das Glück der Familie angesehen, ähnlich wie der Amulett-Teppich Karschin (die Vorderseite eines Stoffüberzugs für Kleidung und Wollprodukte) und Kerge (die Vorderseite einer Hängetasche, die zur Aufbewahrung von Wollutensilien verwendet wurde).
Eine große Anzahl gemusterter Jurtendekorationen bestand aus ungenoppten Bändern und Läufern (Bel-deu, Kizil-kur, Ak-kur) sowie Teppichen (Alascha). Sie wurden aus Baumwolle, Wolle und Seidenfäden hergestellt.
Weitere einzigartige Beispiele der Handarbeitskünste Karakalpakstans sind Reliefmuster, die mit einer kombinierten Technik gewebt wurden. Der weiche Hintergrund bestand aus Baumwolle, während die Flormuster aus Wolle bestanden: Akbaskur und Jan-Bau-Läufer, sowie Schij-Ongir und Suu-Agar-Matten.
Die bei weitem arbeitsaufwendigsten Vorleger besaßen eine sehr charakteristische Zusammenstellung: Ak-Baskur, Jan-Bau, Bel-deu. Ihre individuellen Ornamente waren in Gruppen angeordnet und durch ein enges Kreuzmuster voneinander getrennt, und variierten über die gesamte Länge (zum Beispiel Gas-Mojin – ein Gänsehals). Diese Gruppen wiederholten sich nicht und standen sich auch nicht symmetrisch in der Mitte des Vorlegers gegenüber. Wenn der Rahmen der Jurte bedeckt war, wurden gekoppelte Stoffabschnitte im Innern einander gegenüber, oder im Äußeren symmetrisch angebracht.
Von den Kanten des Vorlegers bis zu den oberen und unteren Enden des gemusterten Bandes blieb ein weißer Flicken übrig. Er wies auf beiden Seiten ein einfaches, feines Zickzackmuster auf.
Breite Alascha-Teppiche wurden hergestellt, indem man enge, gemusterte Läufer zusammennähte, die zuvor auf einem Ormek-Webstuhl gewebt worden waren. Sie wurden an die Wände der Jurte gehängt oder bedeckten den Filzboden. Die Alascha der Karakalpaken ähnelten den Gadjarigilam-Vorlegern nomadischer usbekischer Stämme.
Die alten Meisterinnen von Karakalpakstan kannten mehr als 60 verschiedene Arten und Namen für Amulettmuster. Die beliebtesten schlossen verschiedene Kombinationen von Hörnern ein – ein Symbol für Fruchtbarkeit und Wohlstand: Kos-Mujis (Hörnerpaar), Segis-Mujis (acht Hörner), Oneki-Mujis (12 Hörner), und noch weitere. Die Namen anderer Muster wurden mit Flora, Fauna und Haushaltsgegenständen in Verbindung gebracht: Taj-Tujak (Huf eines Fohlens), Balik-Kos (Fischauge), Garga-Tirnak (Krähenkralle), Kus-Kanat (Vogelflügel), Gul (Blume), Irgak (Haken), Tarak (Kamm), Sirga (Ohrring), Salma (Kanal) und viele mehr.