Ayaz-kala (4.-3. Jahrhundert v. Chr.) ist eine der schönsten und malerischsten Kulturstätten in Karakalpakstan. Tatsächlich besteht Ayaz-kala nicht nur aus einer, sondern drei Festungen, die sich östlich des Sultan-Uiz-Dag-Gebirges um einen dominanten Hügel von bis zu 100 Metern Höhe gruppieren.
Die Siedlung Ayaz-kala 1, auch „Festung vor dem Wind“ genannt, gehört zu einer Reihe von Verteidigungsfestungen, die am Rande der Wüste Kysylkum zum Schutz vor nomadischen Überfällen errichtet wurden. Sie hat eine rechteckige Form mit 10 Meter hohen Mauern aus Erdziegeln. Noch heute kann man bei einem Blick entlang der Mauern deutlich die Türme und doppelstöckigen Galerien sehen, die den Bogenschützen große Bewegungsfreiheit ermöglichten und in deren Wänden sich in regelmäßigen Abständen eingebaute Schießscharten befinden. Der Zugang zur Festung in der Südmauer wird durch eine rechteckige Anlage vor den Toren geschützt. Er ist mit einem Durchgang in der Ostmauer verbunden, der ebenfalls durch zwei rechteckige Türme verstärkt wird.
An der Nordseite eines Eingangs wurde eine Inschrift gefunden: Sie zeigt drei in einer Linie stehende Zeichen der altchoresmischen Sprache in aramäischer Schrift. Über der Linie befand sich ein weiteres Symbol, genannt Tamga – das Zeichen eines Meisters, der mit der Leitung des Festungsbaus betraut war.
Einer Legende zufolge entschloss sich in alten Zeiten ein choresmischer Padischah dazu, eine prächtige Festung entlang der Landesgrenzen zum Schutz vor auswärtigen Feinden zu errichten. Er ließ verlauten: „Die Person, die mir eine solch große und undurchdringliche Festung baut, wird meine wunderschöne Tochter zur Frau gewinnen.“ Der Schäfer Ayaz, welcher im Land lebte, begann mit dem Bau der Festung. Es ist unbekannt, wie viel Zeit er damit verbrachte, aber der Padischah löste sein Versprechen nicht ein und gab seine Tochter einem anderen Mann. Die Festung blieb unvollendet. Zumindest in dieser Hinsicht stimmt die Legende mit der Realität überein.
Die Siedlung Ayaz-kala 2 wurde vermutlich während der Afrighidendynastie gegründet, etwa zum Ende des 7. und Beginn des 8. Jahrhunderts n. Chr. Ihre Anordnung ist sehr komplex. Eine herabführende Rampe verband früher die Tore der Festung mit einem großen, luxuriösen Palast am Fuße des Hügels.
Dieser Palast gilt als das schönste und prachtvollste Gebäude aus der Zeit des Mittelalters in ganz Zentralasien. Es gab große Audienzzimmer mit Säulen und einer eleganten Bank, eine Zeremonienhalle, Wandgemälde und einen Feuertempel. Auch wurden hier Münzen aus der Afrighidendynastie, insbesondere aus der Zeit König Braviks, gefunden.
Der Palast wurde vermutlich im 4. Jahrhundert n. Chr. errichtet. In den darauffolgenden Jahrhunderten wurde er zweimal durch Feuer zerstört.
Die Siedlung Ayaz-kala 3 (4.-3. Jahrhundert v. Chr.) ist eine große, verstärkte Anlage in der Form eines Parallelogramms, die von doppelten Wänden mit mehreren rechteckigen Türmen an jeder Seite umgeben ist. Der Eingang zur Siedlung befindet sich in der Mitte der südlichen Seite und wird von einer gekrümmten Mauer geschützt, die einst Teil eines komplizierten Labyrinths vor den eigentlichen Toren war. Der Innenhof der Niederlassung ist vollkommen leer. Lediglich in Mauernähe befinden sich einige kleine Gebäude. In der nordwestlichen Ecke gibt es ein großes Haus mit vielen Räumen, das durch zwei sich schneidende Durchgänge in vier Bereiche geteilt wurde. Jeder Bereich bestand aus zehn Räumen. Ayaz-kala 3 diente möglicherweise als Garnison oder Amtssitz eines Fürsten, und als Zuflucht für örtliche Bauern während der Herrschaft der Kuschana. Die alte Festung Ayaz-kala 1 hätte auch mit einer kleinen Anzahl von Soldaten belegt sein und als einfacher Beobachtungsposten dienen können. Überreste von Gehöften mit mehreren festen Gebäuden, Agrarflächen, Wällen und Weinbergen wurden um die Festungsmauern herum gefunden.