Die reichhaltige und einzigartige Volkskultur Karakalpakstans hat sich über Jahrhunderte entwickelt. Sie umfasst alle Arten mündlicher Überlieferungen: Erzählungen, Sprichwörter, Redensarten, Legenden, Gedichte und viele mehr.
Das wohl charakteristischste und unverwechselbarste Merkmal der karakalpakischen Folklore ist ein episches Gedicht oder Epos (Dastan). Es gibt etwa 50 verschiedene Formen des Dastan: heroisch, lyrisch, sozial, historisch und legendär, magisch und romantisch, und andere. Sie werden von Geschichtenerzählern und Sängern – Baksi und Jirau – unter musikalischer Begleitung durch die nationaltypischen Instrumente Kobys und Dotar dargeboten.
Epen aus dem 9. bis 18. Jahrhundert (zum Beispiel Scharjar, Koblan, Edige Ep Schora, Alpamis, Kurbanbek Ep Ziyar, Kirk-Kiz) spielen in der mündlichen Volkskunst Karakalpakstans eine besondere Rolle. Die zentralen Themen des heroischen Epos Alpamis sind Vereinigung, Freundschaft und Patriotismus der geplünderten Stämme. Das Kirk-Kiz-Epos, ein herausragendes Zeugnis und Meisterwerk der karakalpakischen Kultur, erzählt die Geschichte weiblicher Verteidigerinnen wie auch männlicher Helden und Patrioten, die gemeinsam gegen fremde Eindringlinge kämpften. Ein ähnliches Epos gibt es in keiner anderen Kultur.
Humor und satirische Elemente finden sich häufig in vielen Genres der karakalpakischen Volkskunst, so etwa in mündlicher Volksprosa (Anekdoten) oder in der Form verspielter und heiterer Lieder oder Dialoge (Aytis oder Zhuap). Sie werden auf Wettbewerben vorgetragen, häufig von jungen Männern und Frauen. Zhuap basiert auf der Fähigkeit des Vortragenden, Fragen in einer sprachlich verdichteten, verfeinerten, einfallsreichen und gereimten Form zu stellen und schnell und ohne Verwirrung kluge Antworten vorzubringen. Es wird ohne die Begleitung von Musik dargeboten, die Sänger müssen jedoch die Rhythmik des Gesanges regelmäßig verändern. Auch früher gab es bereits mündliche Wettbewerbe zwischen den Nationaldichtern Karakalpakstans.